Was ist Forumtheater?

Forumtheater wurde in den 70er-Jahren vom Brasilianer Augusto Boal entwickelt.
Es ist eine Form des interaktiven Theaters mit pädagogisch-politischem Ansatz. Forumtheater eröffnet Menschen Spielräume, für ihre Probleme und sozialen Konflikte gemeinsam Handlungsalternativen und Lösungen zu entwickeln und zu erproben.
Heute ist diese Form des Theaters weltweit im Einsatz und wird laufend weiterentwickelt.
Wir gehen im Forumtheater davon aus, dass alle etwas zu sagen haben, dass die Meinungen aller wichtig sind. Dem griechischen „Forum“ nachempfunden, kann jede Frau, jeder Mann, und jedes Kind Stellung beziehen, die Macht des Wortes und der Bühne ergreifen und mitteilen was sie/er zeigen möchte.
Die Grenze zwischen Bühne und Publikum ist aufgehoben.

Wie verläuft eine Forumtheateraufführung?

In einer ersten Phase wird von den SchauspielerInnen eine Szene gespielt. Sie wird aus konkret erlebten Konfliktsituationen entwickelt. Menschen verschiedenen Alters streiten auf der Straße, Differenzen zwischen den Bedürfnissen von BürgerInnen und den von GemeindevertreterInnen geplanten Maßnahmen, InländerInnen geraten mit MigrantInnen in Konflikt, Anrainer fühlen sich durch lärmende Kinder und Jugendliche belästigt, ... .Die Grundszene, die das Publikum sieht, geht provokant schlecht aus.
Nachdem die Szene ein erstes Mal gespielt wurde, folgt eine kurze Beratungsphase. Die SpielleiterIn fragt die ZuschauerInnen, was sie an Stelle jener Rollen, für die die Situation schlecht ausgeht, anders machen würden. Die Zuschauer sammeln nun Ideen und Lösungsvorschläge. Wo würden sie anders handeln? Wie könnte die Geschichte anders ausgehen?
In der dritten Phase – der sogenannten Eingreifphase – wird die Grundszene wiederholt. Das Publikum ist nun eingeladen sich aktiv einzubringen, selbst zu SchauspielerInnen zu werden und der Geschichte einen neuen Verlauf zu geben.Wer eine Handlungsidee erproben möchte, ruft „Stop!“. Er/sie kann nun in die Rolle der SchauspielerInnen schlüpfen, die in dem dargestellten Konflikt, ohnmächtig, ratlos oder unterdrückt erscheinen. Die ZuseherInnen können alternative Handlungsweisen erproben.
Mittels des Spiels wird ein neuer Umgang mit Konfliktsituationen erlernt. Eine bunte Palette an wirksamen Handlungsmöglichkeiten und Lösungen in Konfliktsituationen wird entwickelt.
Forumtheater wird weltweit in vielen Länder eingesetzt und weiterentwickelt.

Forumtheater als Legislatives Theater

Als A. Boal 1992 zum Stadtrat von Rio de Janeiro gewählt wurde, setzte er seine Methode des Forumtheaters auch bei öffentlichen Konflikten ein. Er bezeichnet diese Weiterentwicklung als Legislatives Theater. Durch die Einbindung der betroffenen BürgerInnen in den verschiedenen Stadtvierteln gelang es ihm mit Erfolg zahlreiche Gesetze zu verbessern.
Die Methode Forumtheater dient dabei als Kommunikationsform zwischen den an einem öffentlichen Konflikt beteiligten Personen. Sie schafft eine Möglichkeit des Austausches zwischen unmittelbar Betroffenen und politischen EntscheidungsträgerInnen und sozialen Institutionen.
In einer Vorbereitungsphase wird die konkrete Situation recherchiert und von einer Schauspielgruppe – ev. Personen, die selbst von der Konfliktsituation betroffen sind – eine Szene entwickelt.
Die Einstiege, die in nachfolgenden Aufführungen passieren, werden gesammelt. Aus diesen Handlungsvorschlägen werden Anträge formuliert, die in einer abschließenden öffentlichen Veranstaltung den politischen EntscheidungsträgerInnen präsentiert werden, mit der Aufforderung dazu Stellung zu nehmen und die Vorschläge umzusetzen.
Legislatives Theater kann überall dort zum Einsatz kommen, wo es darum geht, sich über Strukturen und Regeln des Zusammenlebens zu verständigen. Die Kompetenz von Betroffenen für ihre eigene Situation Lösungen zu finden, wird dabei ein wesentlicher Stellenwert gegeben.
In Österreich wurde Forumtheater als Methode der BürgerInnenbeteiligung erfolgreich angewandt z.B.

  • in Wien im Rahmen des Projekts Sylvie, Agenda 21 Alsergrund und Wiener Gebietsbetreuung
  • in Graz 2000 – 2004: wohnungs/LOS/theatern – ein soziokulturelles Theaterprojekt von InterACT und Culture Unlimited, mündet in die Veranstaltung „To transform Desire into Law …“ Legislatives Theater im Grazer Rathaus
    Unter dem Titel "Forum findet Stadt" wurde in den Jahren 2005 - 2007 jährlich ein von der Grazer Bevölkerung als relevant empfundenes Thema im Rahmen eines legislativen Theaterprozesses öffentlich bearbeitet.
    Das Projekt 2007 setzt sich mit dem Thema Neue Armut auseinander unter dem Titel "Kein Kies zum Kurven kratzen".
    Kontakt:
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  • im Bezirk Wiener Neustadt 2003: „Was hindert uns am Fliegen?“ Legislatives Theaterprojekt mit Jugendlichen vom Triestingtal
    und 2008 in der Hauptschule Gratwein (Kontakt:
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